Unschuldige Gesichter

<p>Dies ist kein Buch das tröstet.<br><em>Es ist eine Erklärung des Menschenhasses.</em></p><p>Mit unschuldigen Gesichtern versuchten sie den Geruch zu tilgen.<br>Doch sobald sich ihre Münder öffneten flogen Splitter - rot oder kalt<br>je nachdem wessen Haut sie trafen.</p><p>Was wie Moral aussah war Tarnung.<br>Feigheit neu verpackt.<br>Universelle Werte?<br><em>Nichts als Systeme emotionaler Bequemlichkeit.</em></p><p>Ethik wurde in Höflichkeit gegossen.<br>Darunter aber: Fäulnis - langsam süßlich klebrig.<br>Glaube? Ein Nachbeben des Gefühls.<br>Und Gerechtigkeit?<br><em>Sie hat nie die Heliopause überschritten.</em></p><p>Ein menschliches Leben ist nichts als eine dünne Membran im Raum-Zeit-Kontinuum.<br>Es bläht sich auf zerplatzt - und wird vergessen.</p><p><em>Wie universelle Werte den Menschen zerstören ist keine Metapher.</em><br>Es ist eine Feststellung.</p><p>Dieses Buch verspricht keinen Trost.<br>Es beobachtet - kühl zielsicher - wie die Spezies Mensch sich selbst untergräbt.<br>Und dabei noch Beifall klatscht.</p><p>Sie wandten sich ab von dem Fleisch<br>das sie selbst ausgehöhlt hatten.<br>Ihre Bahnen -<em> elliptisch zitternd wie Schatten imaginärer Zahlen.</em></p><p>Und ihre Münder wurden <em>Werkzeuge zur Versiegelung der Lüge.</em><br>Universalität erreichte niemanden.<br>Philosophie wurde zur Ästhetik simulierter Gefühle.</p><p>Der Mensch verzieh sich selbst - zu früh zu oft.<br>Und deshalb wurden zu viele Lügen zu Gedanken erhoben.</p><p>Unschuldige Gesichter ist kein Buch über andere.<br>Es ist eine stille Obduktion der Spezies Mensch.<br><em>Ein Leichenschauhaus ohne Schleier.</em></p><p>Mit jeder Zeile zog sich die Schlinge enger.<br>Und je mehr ich schrieb<br><em>desto weniger wollte ich dazugehören.</em></p>